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AWH-Unternehmens-
bewertung (3)

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Nach Teil 2 dieser Beitragsserie wissen wir, wie der Unternehmenswert nach AWH ermittelt wird.

Bleibt die Frage: Ist diese Ermittlung sachgerecht? Und ergibt sich ein zweckgerechter Unternehmenswert?

Zukünftige Ergebnisse nach AWH – kritische Punkte

Handwerksbetriebe – so der Anspruch des AWH-Standards – sollen auf der Basis ihrer zukünftigen Ergebnisse bewertet werden. Ausgangspunkt für die Ermittlung der zukünftigen Ergebnisse bilden angepasste Vergangenheitsergebnisse. Indes kann dieses Anpassungsverfahren mit seinen erheblichen Ermessensspielräumen durchaus kritisch hinterfragt werden, speziell hinsichtlich der kalkulatorischen Kosten.

Nehmen wir das Beispiel aus Teil 2 unserer Serie. Hier wird auf Seite 19 ein kalkulatorischer Unternehmerlohn von 50.000 Euro p.a. veranschlagt. Unter Berücksichtigung dieses Unternehmerlohns ergibt sich AWH-Unternehmenswert von rd. 79.000 Euro. – Aber ist ein Unternehmerlohn von 50.000 Euro wirklich angemessen? Oder wären vielleicht 60.000 Euro ein angemessener Wert? Unterstellen wir einmal, das wäre der Fall: Bei 60.000 Euro Unternehmerlohn ergibt sich für unser Beispiel ein AWH-Unternehmenswert von lediglich rd. 30.000 Euro.

Ein um 20% höherer kalkulatorischer Unternehmerlohn führt also zu einem gut 60% nierigeren AWH-Unternehmenswert.

Kurzum: Bei den überschaubaren Ertragsverhältnissen kleinerer Handwerksbetriebe haben kalkulatorische Kosten eine enorme Hebelwirkung für den AWH-Unternehmenswert.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Verdichtung der prognostizierten zukünftigen Ertragslage in einer ewigen Rente. Absehbar schwankende zukünftige Jahresergebnisse oder Ergebnistrends können mit dem AWH-Verfahren nicht unmittelbar abgebildet werden. Vielmehr werden die angepassten, gewichteten Verhangenheitsergebnisse in einem einzigen zukünftigen Ergebniswert zusammengefasst.

Indes trifft vielleicht genau das die Ertragserwartungen eines Handwerksbetriebes ohne Inhaber am ehesten. Denn der Inhaber möchte ja abgeben. Ohne Chef aber – ohne den Inhaber mit seinem unternehmerischen Einsatz – dürften sich die Erträge des Betriebes auf einen Sockel aus zwangsläufig anfallendem „Bringgeschäft“ reduzieren: Folgeaufträge langjähriger Kunden und Aufträge über Branchentelefonbücher oder ähnliche Verzeichnisse.

Ein Zyniker ist ein Mensch, der von allen Dingen den Preis kennt und von keinem den Wert weiß. Und ein Sentimentaler ist ein Mensch, der in allen Dingen einen lächerlichen Wert erblickt und von keinem einzigen den Marktwert weiß.Oscar Wilde (1854 - 1900), irischer Lyriker, Dramatiker und Bühnenautor

Der Kapitalisierungszinssatz – erhebliche Ermessenspielräume und Hebeleffekte

Für die Kapitalisierung des prognostizierten Gewinns – in Form einer ewigen Rente nach Steuern – wird ein risikoadäquater Zinssatz benötigt. Zur Ermittlung des Risikozuschlages hat die AWH eine Liste mit den häufigsten Risiko- und Erfolgsfaktoren entwickelt.

Hinsichtlich des Kapitalisierungszinses ist zu berücksichtigen – so das AWH-Handbuch – , dass er den Unternehmenswert stark beeinflusst. Das Handbuch zitiert Ballwieser: „Keine Größe scheint in der Praxis so umstritten zu sein, wie der Kalkulationszinsfuß… Sein Hebeleffekt ist bekannt und berüchtigt: Schon geringe Verminderungen des Zinssatzes können den Wert überproportional erhöhen; Erhöhungen senken den Unternehmenswert. Diese Effekte machen ihn bei Parteien, die Einfluß auf den Wert nehmen wollen, so beliebt.“

Zweckmäßigkeit der AWH-Unternehmenswertermittlung

2012 hat sich das Ludwig-Fröhler-Institut mit dem AWH-Standard beschäftigt: Unternehmensbewertung im Handwerk – Betriebswirtschaftliche Analyse des AWH-Standards zur Unternehmensbewertung. Die LFI-Studie belegt die Wertschätzung des AWH-Standards nicht nur innerhalb des Handwerks. Auch „Banken, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, die bei Bewertungen involviert waren, zeigten“ – so die LFI-Studie – „mit 71 % mehrheitlich eine hohe oder sehr hohe Akzeptanz.“

Die LFI-Studie arbeitet heraus, dass dies maßgeblich daran liegen dürfte, dass der AWH-Standard seinen hauptsächlichen Zweck erfüllt: die Ableitung eines realistischen Kaufpreises für Handwerksbetriebe. Dies hat die LFI-Studie anhand der Veräußerung von 48 Handwerksbetrieben überprüft, die nach dem AWH-Standard bewertet wurden.

Die Untersuchtung erbrachte, dass die 48 Handwerksbetriebe im Mittel ziemlich genau zu dem Preis verkauft wurden, der nach AWH ermittelt wurde. Mit Hilfe eines t-Tests wurde ferner belegt, dass die 48 nach dem AWH-Standard errechneten Unternehmenswerte für die tatsächlichen Verkaufspreise repräsentativ sind.

Auch einen weiteren Vorteil des AWH-Verfahrens erläutert die LFI-Studie: „Da eine Unternehmenswertermittlung für die Mitgliedsbetriebe der Kammern häufig kostenlos ist, kann .. von einer guten Kosten-Nutzen-Relation aus Sicht des Unternehmens gesprochen werden. Manche Betriebe dürften sich ohne dieses Angebot der Kammern schwer tun, eine teure Wertermittlung ihres Betriebs durchführen zu lassen. Abschließend ist das gesamte Vorgehen beim AWH-Standard in hohem Maße auf eine möglichst praktikable Durchführung hin ausgerichtet. Dieser deutliche Vorteil erklärt mehr oder weniger auch die meisten Schwächen des Verfahrens.“

Links und Materialien

Die oben dargestellte Studie des Ludwig-Fröhler-Instituts ist 2012 erschienen: Andreas Conrad Schempp, Unternehmensbewertung im Handwerk – Betriebswirtschaftliche Analyse des AWH-Standards zur Unternehmensbewertung, München 2012. Wenn Sie danach googlen, finden Sie verschiedene gute Zusammenfassungen.

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